Bildstock in Haus Visbeck

Was, jetzt noch ein Bild mit dem Weihnachtsmotiv? Weihnachten ist doch längst vorbei. So sagte mir kürzlich jemand, dem der Bildstock neben dem Haus Visbeck nicht unbekannt war. Auf der Rückseite des Bildstockes ist eine Abbildung des Kreuzes, also ein Karfreitagsmotiv. Wäre das geeigneter, weil Karfreitag, im Unterschied zu Weihnachten, noch in diesem Jahr kommt? An dem Einwand des Betrachters ist wohl anzumerken, dass es tatsächlich etwas seltsam ist, wie wir das Kreuz in unserer Wohnung des ganze Jahr hängen lassen, die Krippe aber nach kurzer Zeit abbauen und bis zum nächsten Mal in Kartons im Keller verpacken; ist die Geburt Jesu nicht ähnlich weltbewegend wie sein Tod?

Es stimmt, dass Weihnachten für die meisten Menschen lange vorbei ist, etwa vom Abend des zweiten Weihnachtstages an. Das ist schade! Wenn man Weihnachten als Christliches Fest betrachtet – und das tun doch noch viele Menschen -, gilt nach der liturgischen Jahresordnung die ganze Woche, die „Oktav“, noch als Weihnachtsfest. Manche ältere Leute werden sich sogar daran erinnern, das früher die Weihnachtszeit bis zum Fest „Mariä Lichtmess“ am 2. Februar dauerte, also genau vierzig Tage. Ebenso war die Adventszeit vierzig Tage lang, vom Martinsfest am 11. November bis zum Heiligen Abend. Ebenso dauerte, und das gilt noch heute, die Fastenzeit von Aschermittwoch bis Ostern, wobei die Sonntage ausgeklammert sind; und die Zeit von Ostern bis Christi Himmelfahrt ebenfalls vierzig Tage. Die Zahl 40 ist also offenbar ganz wichtig, sie ist ja die Zahl des Übergangs, des Weges in die Zukunft. Die Wüstenwanderung des Volks Israel dauerte 40 Jahre; das ist nicht unbedingt historisch, aber es steht symbolhaft für den Weg in di Zukunft unter Gottes Schutz. Auch Jesus ist 40 Tage in der Wüste, um seine Sendung zu den Menschen vorzubereiten. – Ich habe kürzlich den Vorschlag eines Theologen gelesen, auch Bischöfe sollten sich in den 40 Tagen vor Amtsantritt in die Wüste zurückziehen; der Autor gibt seinem Buch den Titel „Schickt die Bischöfe in die Wüste!“ Aber was man zunächst vermuten könnte, ist nicht gemeint; sondern es ist ein Appell an die Verantwortungsträger in der Kirche, zunächst auf das Wesentlich ihres Dienstes zu schauen und sich darauf vorzubereiten; siehe Jesus! Also blicken wir ohne Hemmungen auf den Bildstock in Haus Visbeck – das allerdings nicht verwechselt werden darf mit dem oldenburgischen Visbeck. „Unser“ Visbeck liegt zwischen Dülmen und Seppenrade, ganz nahe an der Bundesstraße. Es war mal eine stattliche Wasserburg, brannte aber 1639 ab. Jetzt steht da nur noch ein Stück der ehemaligen Vorburg mit einem quadratischen Eckturm aus dem 17. Jahrhundert und eine achteckige Kapelle aus dem 18. Jahrhundert. Aus derselben Zeit ist, wenige Schritte entfernt, der Bildstock.

Welch ein schönes Weihnachtsbild: Das Kind ist der absolute Mittelpunkt, und so sollte es ja eigentlich bei jeder Weihnachtsdarstellung sein. Maria schützt das Kind mit einer Segensgebärde. Drei Zuschauer sind zu sehen: der kniende Josef und die interessiert blickenden Ochs und Esel; keine Hirten, keine Könige; nur eine schwache Andeutung oben. Das ist das Bild einer Kleinfamilien-Idylle. Was ist daraus später geworden? Hier hat ein wesentliches Stück Weltgeschichte begonnen. Alle Anfänge sind klein und bescheiden, aber im Nachhinein in der Erinnerung und natürlich auch in der Entwicklung gewaltig.

Das ist Weihnachten!