Gebt Acht auf die Hunde.

In der Bibel, sowohl im Alten wie im Neuen Testament, wird an vielen Stellen von Tieren berichtet. Der Löwe kommt häufig vor, und noch viel öfter das Schaf. Auch Kamele treten auf, nicht nur in der Geschichte von den Weisen aus dem Morgenland. Auch Hühner, Schlangen, Affen und Wölfe. Eine der schönsten Tiergeschichten der Bibel ist die große Jesaja-Vision, in der der Friede zwischen den Tieren als Bild für den endzeitlichen Frieden der Menschen steht: Wolf und Lamm vertragen sich, Panther und Schaf, Kuh und Bärin, und, nicht zu vergessen, Kleinkind und Schlange. Was wäre das für eine herrliche Welt, die der Prophet da entwirft, in der nicht nur die Tiere, sondern auch die Menschen in Frieden und Harmonie lebten.

Auch der Hund kommt in der Bibel oft vor. Bekannt ist die Jesus-Geschichte, wo die heidnische Frau Jesus widerspricht, als er im Blick auf Juden und Heiden sagt, dass man das Brot nicht den Kindern wegnehmen und den Hunden vorwerfen darf. Die Frau kontert gut: Auch die Hündlein fressen von dem, was von den Tischen der Reichen fällt. Soweit ich feststellen kann, wird auch das Bild vom Hund fast immer im übertragenen Sinn gebraucht. Ausnahme: Die Geschichte von dem armen Bettler, dessen Geschwüre die Hunde lecken.

Am heftigsten steht es im Philipperbrief, aus dem die Überschrift genommen ist. Paulus fordert die Philipper auf, auf die Hunde Acht zu gebe. Er meint mit den Hunden die „falschen Lehrer“, die Unruhe in die Gemeinde bringen. Auch hier also sind mit den Hunden in Wirklichkeit Menschen gemeint, und zwar im negativen Sinn: Leute, vor denen man sich in Acht nehmen muss.

Wie tröstlich ist es da, wenn auf einem der herrlichen Glasfenster in der Kathedrale von Gouda in Holland ein kleiner Hund zu sehen ist. Die Fenster in der größten Kirche der Niederlande sind hochgotisch, eine reiche Fülle von biblischen Themen, Viele Glasfenster handeln von der Geschichte des Kirchenpatrons Johannes dem Täufer. Der kleine Hund ist ein leicht zu übersehender Augenzeuge der Himmelfahrt Jesu. Das Bild ist einfach: Der Hund liegt auf einem Kissen und schläft. Er lässt sich von dem Abschied Jesu nicht beeindrucken. Während die Menschen sehnsüchtig dem entrückten Jesus nachschauen, tut der Hund etwas ganz Wichtiges: Er blickt nach innen. Oder er träumt. Vielleicht träumt er von der Zeit, in der er an der Leine eines Apostels mit Jesus unterwegs war. Denn was spricht dagegen, dass auch Hunde mit dabei waren, als Jesus den Menschen predigte. Oder der Hund war ein Schäferhund, der die Herde bewachte. Und weil Jesus sich selbst einmal als guten Hirten bezeichnete, mag der Hund davon träumen, er sei Jesu Hirtenhund.

Oder er träumt davon, dass er auch einmal zu den Geretteten im Gottesreich gehören wird. Denn warum sollten nicht auch Tiere im Gottesreich zu Hause sein.

Ein Arbeitskollege hat mir einmal gesagt, die himmlische Seligkeit wäre für ihn nur halb so schön, wenn sein treuer Hund nicht dabei wäre. Oder sagen wir es umgekehrt: Wir möchten, dass das, was wir lieben, auch einmal mit uns zur Vollendung kommt.

Es gibt die schöne Geschichte vom heiligen Antonius, der mit seinem Schwein, seinem treuen Freund, ans Himmelstor kommt. Petrus will ihn nicht einlassen, aber die Muttergottes legt für ihn ein gutes Wort ein: „Hier wird kein Freund vom Freund geschieden!“ Das ist ein weiser Rat, und so darf Antonius mit seinem Freund, dem Schwein in den Himmel.

Wenn das so ist, werden viele Hunde einmal mit ihren Herrchen oder Frauchen im Himmel sein. Davon träumt der kleine Hund auf dem herrlichen Glasfenster in Gouda.