Kriegergedenken

An einigen Orten wird heftig darüber diskutiert, ob man sogenannte „Kriegerdenkmäler“ erhalten oder lieber entfernen soll; auch in Münster gibt es z.Zt. eine solche Debatte. Es geht eigentlich nicht um das Gedächtnis, sondern um die Darstellung dieses Gedächtnisses. Und: Soll man für gefallene Soldaten z.T. pompöse Denkmäler errichten, aber nicht für Verkehrstote, Gewaltopfer usw. Ich kann hier nicht die Argumente Pro und Contra alle aufführen.

Ich meine aber, dass man in Freckenhorst schon vor vielen Jahrzehnten eine gute Lösung gefunden hat: In einer Seitenkapelle der wunderbaren Stiftskirche wurde für jeden gefallenen Soldaten aus dem Dorf ein Kreuz mit den Lebensdaten des Toten aufgehängt; und es sind sehr viele Tote. Und außerdem – und darum geht es ja auf unserem Bild – Tafeln mit den Namen derjenigen Soldaten, die im Krieg vermisst geblieben waren, also von denen, deren Schicksal noch weit nach Ende des Krieges unbekannt war bzw. deren Schicksal nie geklärt wurde. Dazu gehört auch mein Vater Hans Zurkuhlen, der neben vielen anderen vermissten Soldaten aus dem Dorf hier „verewigt“ wurde. Vater schrieb im Juni 1944 einen Brief aus Witebs im heutigen Weißrussland, dass die Endkämpfe im sog. „Mittelabschnitt“ bevorständen und dass wir vorläufig wohl nichts von ihm hören würden. Wir haben nie wieder von ihm gehört. Mein Vater war weder Nazi noch ein aggressiver Typ, der Spass am Kämpfen gehabt hätte, sondern ein durch und durch friedvoller Mensch, der zum Militätdienst gezwungen wurde. Er ist, so darf man vermuten, in Witebs ums Leben gekommen.

Witebs ist übrigens, wie Ihr wohl wisst, der Geburtsort von Marc Chagall. Deshalb: Wenn ich von Chagall höre, denke ich an meinen Vater!

Ich finde es richtig, dass man dieser Männer gedenkt, die wahrhaftig keine Freude am Kriegsdienst hatten und erst recht keine Freude am Töten. Mir hat mal ein Mann, der gezwungenermaßen als Soldat in Polen gewesen war, unter Tränen erzählt, dass er als Soldat in Polen einen jungen Polen erschossen hatte, und er sei sich heute sicher, dass diese Tötung keineswegs nötig war. Er leide heute noch unter diesem Kriegstrauma.

Es ist richtig, dass die Kirche ein Ort des Gedenkens ist. Überlassen wir Gott das Urteil! Und: Vergessen wir diese Männer nicht, von denen wir nicht wissen, ob sie überhaupt begraben worden sind.  

Ulrich Zurkuhlen