Zwei ganz verschiedene Weihnachten

Als ich dies geschrieben habe, war zwei Wochen vor Weihnachten eine ganz besondere Stimmung. Und wenn Sie dies lesen, ist das alles schon wieder Vergangenheit. Aber ich möchte doch ein bisschen von der vorweihnachtlichen Stimmung veröffentlichen; Sie haben bestimmt Verständnis.

Also: Ich habe gestern an einem weihnachtlichen „Rudelsingen“ auf dem Domplatz teilgenommen. Ich mache das gern; denn dann kann ich mal die Lieder mitschmettern. Die Texte der Lieder wurden gestern, also am 9. Dezember 2023, vor dem Dom auf eine Leinwand projiziert und von Musikern begleitet. Das unerwartet Tollste: Es waren über 10 000 Leute da, ich habe noch nie auf dem Domplatz eine solche Menschenmenge wahrgenommen. Die meisten Lieder waren auch bekannt: „Last Chrismas“, „O Tannenbaum“, “ Am Tannenbaume…“ und auch ein Lied, das von „Rudolf und der roten Nase“ handelte; das war mir völlig unbekannt. Als ich nach diesem tollen Konzert in echter Weihnachtsstimmung den Domplatz verließ, sagte hinter mir jemand: „Da waren ja die religiösen Lieder alle nicht dabei.“ Er hatte recht.

Eine ganz andere Weihnachtsmusik hatte ich eine Woche vorher im Dom erlebt. Da spielte, wie jedes Jahr, das Luftwaffenmusikchor englische „Carols“ und auch deutsche religiöse Advents- und Weihnachts-Lieder, besonders „Stille Nacht“, aber auch „Heiligste Nacht“, „O du fröhliche“, „Tochter Zion“.  Auch da war die Stimmung eine wunderbare, weihnachtliche in dem proppenvollen Dom.

Mein persönliches Fazit: Weihnachten ist herrlich und gemütvoll, aber es sind zwei völlig verschiedene Weihnachtsfeste: Einmal natürlich das religiöse Weihnachten mit der Erinnerung an die Menschwerdung Gottes, das kleine Baby in der Krippe, die Engel mit ihrer eindrucksvollen Friedensbotschaft und die wunderbaren Gottesdienste in vielfältiger Form: das Weihnachtsfest der Christen.

Und zweitens gibt es das andere, auch sehr gemütvolle Weihnachten, aber völlig anders: Tannenbaum, tausende Lichter, Menschenmassen, Weihnachtsmärkte, volle Geschäfte usw., aber nichts vom Jesuskind, wohl von Weihnachtsmärkten. Dieses ganz andere Weihnachten fängt oft schon im September an. Oder wird es einmal ganzjährig sein? Dass beide grundverschiedenen Weihnächte doch irgendwie parallel laufen, gehört eigentlich für uns alle zum jährlichen Festprogramm.

Und jetzt fällt mir ein: Bei Ostern ist es genauso: doppeldeutig, aber parallel. Die engagierten Christen feiern die Auferstehung Jesu und bereiten sich wochenlang auf dieses Erinnerungsfest vor, und die eigentlich unreligiösen Zeitgenossen feiern auch Ostern, aber nicht den lebendigen Jesus, sondern den Osterhasen, der angeblich sogar Eier legt, und den beginnenden Frühling.

So scheint es mit den höchsten Festen des Jahres zu sein: doppeldeutig! Zur Hälfte religiös, zur Hälfte weltlich. Und das Miteinander trotz der total Gegensätze scheint ganz gut zu klappen – und viele Menschen tragen beides ganz harmonisch in sich selbst und feiern „sowohl als auch“ in schöner, problemloser Harmonie.