Törichte und kluge Jungfrauen: Kirchentor St.Suitbert, Gelsenkirchen-Buer-Erle
Ich habe an dieser Stelle schon mehrmals herrliche Bronze-Tore oder strahlende Glasmalereien der Künstlerin Hildegard Bienen gezeigt, z. B. in Bocholt St. Paul oder in Marienthal bei Wesel, aber das sind nur wenige Beispiele. Hildegard Bienen, die vor wenigen Jahren gestorben und in Marienthal beerdigt ist, war eine der grandiosesten Künstlerinnen der Neuzeit, besonders auch im Hinblick auf religiöse künstlerische Interpretationen. Ich halte sie für unübertroffen.
Das Kirchenportal, das ich Ihnen heute zeige, ist am Eingangsportal zur Kirche St. Suitbert in Gelsenkirchen-Buer-Erle, und es ist bemerkenswert, dass gerade im Ruhrgebiet etliche Kunstwerke von Hildegard Bienen zu finden sind. Dieses Bronzeportal ist eines der Kunstwerke, durch die sie biblische Texte im Bild interpretiert, manchmal mit einem ungewöhnlichen Akzent.
Diesmal geht es als um die Evangelien- Geschichte von den fünf klugen und den fünf törichten (als: dummen) Frauen, die an einer Hochzeit teilnehmen sollen, und weil die Feier wohl bis tief in die Nacht geht, bringen alle zehn ihre Lampen mit; elektrisches Licht gab es noch nicht. Die Klugen haben Öl-Vorräte, die Dummen nicht. Das führt eine Krise herbei, weil die Dummen die Klugen bitten, ihre Öl-Vorräte zu teilen, aber die „Klugen“ sind egoistisch und teilen nicht. Deshalb werden die „Dummen“, die nun nutzlos sind, vor die Tür gesetzt; man braucht sie nicht.
Sie merken, dass ich mit der Deutung im Evangelium nicht ganz einverstanden bin. Sind die „Klugen“ eben nicht sehr egoistisch? Wollen sie nicht geschwisterlich teilen? Mir sind die fünf „Dummen“ eigentlich sympathischer.
Aber das ist jetzt gar nicht so wichtig. Hildegard Bienen gestaltet ihr Kunstwerk aus dem Jahr 1966 im Sinn des Evangeliums. Die Klugen stehen oben (wo sonst?) in der Heiligen Stadt; sie wenden sich aufrecht, tragen ihre Lichter und haben ihre großen Vorratskannen neben sich stehen. Der Schatten der Frauen fällt nach unten, wo die fünf anderen traurig und weinend stehen oder liegen. Ihre Gefäße sind leer, teilweise auch schon zerstört. Vom Glanz der heiligen Stadt sehen sie nichts. Schade!
Ich habe Mitleid mit den fünf „Dummen“, die nicht weit genug gedacht haben. Aber das muss man wohl, wenn man am himmlischen Hochzeitsmahl teilnehmen will.