Sankt Martin

Ich staune immer wieder darüber, welche herrlichen Kirchenportale es quer durch Europa gibt: nicht nur in Verona, Rom, Russland, Spanien, Frankreich, von denen ich Ihnen/ Euch schon eine nette Auswahl in den letzten zwei Jahren an dieser Stelle gezeigt habe – aber auch aus der Nähe: Freckenhorst, Bocholt  St .Paul, Wesel usw. Und nun fand ich in nächster Nähe, in der Innenstadt von Münster, ein Kirchenportal an der Martini-Kirche, mit dem ich eigentlich nicht gerechnet hatte. Ich sah es, und meine Schwester hat es gleich fotographiert.  Das war vor zwei Wochen.

Ich weiß von diesem Bronzeportal so gut wie nichts, außer, dass es von faszinierender Schönheit ist. Ich weiß weder, wann es gemacht wurde, noch weiß ich, wer der Künstler war. Ich konnte trotz aller Versuche keine guten Erklärungen finden. Also?

Das Portal befindet sich in einem romanischen Rundbogen; ob das Bronzeportal auch aus der Romanik stammt, wage ich zu bezweifeln. Die Reliefs sind nicht wie sonst gewöhnlich, dreidimensional, sondern leicht erhöht, aber dann flach. Sie sehen auf dem Foto, es ist eine sehr ungewöhnliche Kunst-Technik.

Das Thema des Portals ist: der heilige Martin von Tours. Auch das ist ziemlich ungewöhnlich, dass schon im Portal der Kirchenpatron dargestellt ist (sondern keine Bibel-Szenen), oder sollen wir sogar sagen: illustriert! Wer in die Kirche eintrat bzw. eintritt, erfährt bereits bildlich das Wichtige der Kirche: der zuständige Heilige!

Das Bronze-Portal besteht aus sieben Motiven, die alle mit dem heiligen Martin zu tun haben, besonders auch mit dem Motiv der Mantelteilung: Oben im Tympanon ist Christus, der Weltenrichter; er trägt, wie so oft, auf der einen Hand ( von vorn gesehen rechts) die Weltkugel und auf der anderen Hand, und das ist nun wirklich toll. den halben Mantel. Die Legende sagt ja, dass bei der Mantelteilung, die der Soldat Martin vollzog, der Bettler sich selbst als Christus identifizierte. Die linke Bilderreihe zeigt von oben nach unten zunächst die Geschichte von der Mantelteilung, darunter seine Taufe und dann ganz unten die Weitergabe des Glaubens an die Eltern.

In der rechten Bildreihe sieht man oben, wie Martin in Tours in der Kathedrale sein Gewand verschenkt; darunter sieht man, wie Martin einen  Aussätzigen heilt. Und unten ist auf dem Bild die Überführung seines Leichnams nach Tours.

Martin lebte im vierten Jahrhundert, er war ursprünglich Soldat und schied aus dem Dienst aus, als er Christ wurde. Man bezeichnet ihn deshalb heute als Schutzpatron der Wehrdienstverweigerer. Er wollte auf keinen Fall Bischof werden (wie ungewöhnlich für heutige Karriere-Leute!) und versteckt sich deshalb in einem Gänsestall; das war ein Fehler; denn durch ihr Geschnatter verrieten sie ihn. Zur Strafe werden noch heute am Martinsfest die Martinsgänse, also die Nachkommen der damaligen Gänse,  gebraten:.

Jedes Jahr esse ich mit meinen ehemaligen 15 bis 20 Bocholter Messdiener-Leitern die Martinsgans, schon seit vielen Jahren. Ich freue mich schon auf die Martinsgans in diesem November. Deswegen verehren wir den heiligen Martin ganz besonders, mehr als manche anderen Heiligen.

Und wenn Ihnen das Bild etwas zu undeutlich ist, kommen Sie einfach mal nach Münster; die Martini-Kirche ist direkt neben dem Stadttheater.