Fasten? Hungern? Ein Unterschied!
Fasten ist ein freiwilliger Verzicht auf Nahrung und Konsum, damit man von dem dadurch ersparten Geld Menschen in Not helfen kann; so ist das richtige Fasten jedenfalls gedacht. Hungern aber ist der oft tödliche Zwang, nicht zu essen und zu trinken, weil nichts da ist. Nicht zuletzt durch die großen kirchlichen Hilfswerke wie „Misereor“ und „Brot für die Welt“ wird immer wieder daran erinnert, dass Millionen Menschen täglich Hunger leiden; damit verbinden die Hilfswerke die Bitte, für die bedauernswerten Hungernden Geld zu spenden.
Ein Zeichen der Solidarität mit den Hungernden haben vor etlichen Jahren Messdiener der Herz-Jesu-Gemeinde in Bocholt gesetzt: Sie haben sich in kleinen Gruppen, bedeckt mit einem „Hungertuch“, einen Sonntag an Straßenecken der Stadt gesetzt mit der wo0rtlosen Bitte an die Leute, an diesem einen Tag – oder am nächsten Tag – nur von einer einzigen Hand Reis zu leben, um dadurch am eigenen Leib etwas von der Not des Hungers zu spüren. Und sie haben gleich jedem, der mitmachen wollte, eine Hand voll Reis verkauft. Das war ein kleines, aber starkes Zeichen. Daraus muss man den Schluss ziehen, dass das Fasten auch ein sichtbares Zeichen der Solidarität mit den Hungernden dieser Welt sein kann.
Da fällt mit die Erzählung „Der Hungerkünstler“ von Franz Kafka ein. Das gab es tatsächlich mal, dass Hungerkünstler tage- und wochenlang ohne jede Nahrung in einem Käfig saßen und von ebenso neugierigen wie erschrockenen Schaulustigen in Augenschein genommen wurden. Natürlich ließ das Interesse an dem Hungerkünstler im Laufe von Wochen nach. Die Erzählung sagt, dass das Publikumsinteresse nach 40 Tagen nachließ, und der informierte Christ weiß, dass „40 Tage“ ein Zeitsymbol für die Fastenzeit ist, weil übrigens auch Jesus in der Wüste 40 Tage gehungert hat. Schließlich beachtet niemand mehr den Hungerkünstler. Erst ein Aufseher bemerkt nach einiger Zeit, dass der Hungerkünstler immer noch da ist und lebt, allerdings völlig am Ende seiner Kräfte. Als der Aufseher wissen will, warum der Hungerkünstler immer noch keine Nahrung zu sich nimmt, flüstert dieser mit letzter Kraft, er könne nicht anders, denn er habe nie die Speise gefunden, die ihm schmecke. Darauf stirbt er und wird begraben, und in den nun leeren Käfig zieht ein junger Panther ein.
Das ist nun ein sehr hintergründiges Finale: Der Hungerkünstler macht keine Show und veranstaltet keine Gaudi, sondern die richtige Nahrung, die für ein gelingendes, sinnvolles Leben nötig ist, hat er bisher nicht gefunden. Und der Leser wird verunsichert fragen: Was ist denn die Nahrung, die man braucht, um wirklich zu leben? Natürlich gilt für die Millionen Hungernden, dass sie in ausreichendem Maß Speise und Trank brauchen, aber der Christ lebt nicht nur von körperlicher Nahrung. Jesus sagt: „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein…“ Das war kürzlich die Sinnspitze in einem Sonntagsevangelium. Und der Christ weiß, von was der Mensch sonst noch unbedingt braucht zu enem erfüllten Leben.
Die Fastenzeit soll helfen, diesen Gedanken existenziell weiter zu denken und danach zu handeln