Freude an der Musik

Welch ein Vergnügen die Katze doch beim Spiel mit der Technik hat; ich habe dieses Bild im vorigen Jahr auf einer Urlaubsreise in Österreich an einem Kiosk gefunden. Ich kann nicht genau sehen, was das für eine technische Einrichtung ist, aber ich glaube, dass es so ein Kontroll-Pult ist, an dem bei Musikaufnahmen Lautstärke, Ton-Qualität usw. geregelt werden; die Katze spielt offenbar mit großer Begeisterung an den Reglern; will sie „Katzen-Musik“ produzieren? Ich kann mich gut erinnern, dass mein Großvater früher einen bestimmten Typ von Musik als „Katzen-Musik“ bezeichnete; manch ein Musikfreund hört das nicht gern.

Vor vielen Jahren habe ich, als unser Chor mit dem Schweizer Komponisten Paul Burkhard eine Schallplatte aufnahm, gesehen und gehört, wie so ein Gerät funktionierte; es war wahrscheinlich im Vergleich zu heutigen Geräten geradezu antik. Aber es war doch interessant, wie der Ton- Techniker etwa 50 Meter vom Aufnahme-Ort entfernt in einem geschlossenen Raum saß und über Kopfhörer unsere Gesänge steuerte und konservierte. Besonders interessant fand ich, dass er einzelne Takte unseres Gesanges abrief: er sagte zum Beispiel: Bitte, den Takt 78 noch einmal, und wir Chorsänger mussten dann diesen einen Takt so oft singen, bis er dem Techniker gefiel. Eigentlich fand ich das ein bisschen seltsam: Ist ein Musikstück nicht ein ganzes und nicht nur eine Aneinanderreihung einzelner Takte? Natürlich diente das der Qualität der Aufnahme, aber ich fand, dass wir den späteren Hörer unserer Musik damit ein wenig betrogen. Aber vielleicht ist das in dieser Brache völlig normal.

Ich habe neulich die Schallplatte, bei deren Aufnahme ich vor über 30 Jahren mitgesungen habe, aus meiner Schallplatten-Sammlung herausgeholt und sie gehört; es ist das Singspiel „Freu dich mit uns, Jona“, das die Jona-Gschichte aus dem Alten Testament besingt, und ich kann bei dem freudigen Wiederhören der Platte nicht mehr erkennen, welche Takte nachträglich eingeblendet wurden; es klingt wie eine Einheit.

Allerdings bin ich auch erstaunt, wie sich der Klang der Musik in den drei Jahrzehnten total verändert hat. Die Musik-Technik hat, wie überhaupt die Technik, einen riesigen Sprung nach vorn gemacht. Das hat allerdings auch zur Folge, dass heute ein so gewaltiges Angebot auf dem Musik-Markt ist, dass manches besser nicht aufgenommen wäre. Aber offenbar findet Musik, die inhaltlich ziemlich billig und banal ist, ihre Käufer; es muss allerdings technisch in Ordnung sein.

Ich höre gern meine alten Schallplatten; da ist wirklich viel kostbare nostalgische Musik dabei: eine Platte mit den wunderschönen, frechen Protest-Songs von Franz-Josef Degenhardt; eine Sammlung von Liedern von „Simon and Garfunkel“ oder von Abi und Esther Ofarim; auch die alten Lieder der Beattles sind kostbar. Und meine erste Schallplatte aus dem Jahr 1965 hieß „Jimmy and the Racketts“, auch sie finde ich immer noch schön.

Ich kann also gut verstehen, wenn die Katze nicht nur an der Technik große Freude hat, sondern an der Musik, die uns die Technik zu hören ermöglicht. Die Schränke mit den Schallplatten, den CDs und anderen Musik-Trägern sind doch wirklich eine kulturelle Errungenschaft, an der man seine Freude hat, auch wenn man keine Katze ist.