Das Gründerpaar des Stiftes Freckenhorst

Erinnern Sie sich? Vor genau zwei Jahren habe ich an dieser Stelle als „Tor des Monats“ das Kirchenportal der wunderbaren romanischen Stiftskirche in Freckenhorst vorgestellt, das mit Themen aus der „Geheimen Offenbarung des Johannes“ von H.G. Bücker aus Beckum-Vellern vor einigen Jahrzehnten geschaffen war: ein wunderbares  modernes Bronzeportal an einer uralten Kirche.

Heute möchte ich ein anderes Bronzeportal der Stiftskirche vorstellen: das Portal an der Südseite der Kirche, das ebenfalls von „Bücker-Vellern“ geschaffen worden ist. Dieses Portal ist deswegen sehr bekannt, weil es der tägliche Eingang zur Kirche ist; viele Besucher und Beter gehen dort täglich ein und aus, weil das Hauptportal gewöhnlich geschlossen, aber von außen natürlich sehr schön zu betrachten ist.

Und noch etwas ist schön: Wenn man durch das Südportal in die Kirche geht, kommt man geradeaus zum Heiligen-Schrein der Hl. Thiatildis, die u.a. auf der Tür dargestellt ist. Das ist sehr ungewöhnlich, dass fast direkt, nachdem man das Bild der Heiligen auf der Eingangstür gesehen hat, der Weg zu den sterblichen Überresten der Heiligen führt; die Gebeine der Thiatildis sind in einem kostbaren Reliquienschrein aufbewahrt.

Was stellt das Bronzeportal dar? Drei Personen, die namentlich genannt werden, zunächst also Everword und Geva. Sie sind das Gründerehepaar, die in der ersten Hälfte des neunten Jahrhunderts das Damenstift gegründet hat. Solche Gründungen gab es damals öfter, z.B. auch in Vreden. Das Gebiet war zwischen 900 und 700 v.Chr. von dem Germanenstamm der Brukterer besiedelt worden. Damals war das Gebiet noch ziemlich menschenleer, aber seit etwa 750 nach Christus war es schon sehr dicht besiedelt, auch von adeligen Familien. Und dann gab es der Legende nach einem Schweinehirten namens Frickyo – Sie merken schon, woher die Freckenhorster ihren Namen haben. Schade, dass Frickyo auf der Bronzetür nicht verewigt ist, wohl aber seine Herrschaften Everword und Geva; sie waren kinderlos und haben ihre Bitte um „Kindersegen“ dadurch bekräftigt, dass sie im Jahr 851, laut Gründungsurkunde am 24. Dezember, das Damestift gründeten. Das war nicht direkt ein Frauenkloster, sondern ein geistliches Zentrum für unverheiratete adelige Damen, die jede für sich in einem kleinen Haus im Süden des Klosters lebten, nahe der Holzkirche Petri-Kapelle, die um 900 durch die heutige kleine Stein-Kapelle ersetzt wurde. Dass diese Freckenhorster Urgeschichte in dem Südportal kurz beschrieben ist, ist umso bemerkenswerter, als, von sieben kostbaren Steinen umgeben, auch Thiatildis zu sehen ist, die Nichte von Everword und Geva, die erste Äbtissin des Klosters. Und wenn Sie irgendwo eine Frau mit dem Namen „Thiatildis“ oder – eingedeutscht – „Diethild“ treffen, wissen Sie: Die hat Bezug zu Freckenhorst.

Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass sich das Grab der Klostergründerin Geva in der Krypta der Stiftskirche befindet mit der ältesten Inschrift in niederdeutscher Sprache, die wir kennen; leider wissen das viele Besucher nicht, aber weil ich als kleiner – evakuierter ! – Junge oft als Messdiener in der Krypta war, weiß ich das. Übrigens war damals an jedem Freitag in der Krypta schon vor Schulbeginn eine gut besuchte Jugendmesse; wäre das heute denkbar?

Ulrich Zurkuhlen