Österliche Körperlosigkeit

Dass der geniale Künstler Theo Schäfer (Ostbevern/ Loburg) vor wenigen Jahren gestorben ist, allerdings in sehr hohem Alter, macht mich heute noch traurig. Er war nicht nur ein sehr guter und diskussionsfreudiger Mann, sondern auch einer, der die Botschaften des Glaubens in seinen Bildern darstellte; nicht wie die wunderbaren mittelalterlichen Maler, die sehr anschaulich und unmissverständlich malten, z.B. die Auferstehung Jesu, sondern rätselhaft und geheimnisvoll. Theo Schäfer hatte zwei Schaffensperioden, aus beiden habe ich einige Bilder von ihm in meiner Wohnung; das gibt mir oft Anlass zum Nachdenken und Meditieren.

Einige seiner Bilder habe ich hier in meiner Homepage schon gezeigt: Emmaus; Maria mit dem Kind; Franziskus. Dieses Bild ist eines seiner letzten Bilder. Er hat es nicht selbst gedeutet, sondern die Deutung mir überlassen. Dass das Bild mit Ostern zu tun hat, ist unübersehbar. Aber es ist ähnlich schwer zu deuten wie die Ostergeschichten selbst, bei denen sich der aufmerksame Bibelleser ja fragt: Haben die Freunde und Freundinnen Jesu ihn eigentlich erkannt oder nicht? Die Emmaus-Jünger erkennen ihn nicht, er ist für sie ein Fremder; erst beim Mahl erkennen sie ihn, ein Hinweis auf die Eucharistie. Auch Maria Magdalena erkennt ihn nicht. Andere erkennen ihn sofort, er isst ja mit ihnen, und sie sprechen mit ihm, so wie früher.

Auf dem Bild links sind deutlich Menschen zu sehen, Frauen. Am deutlichsten hat der Maler die Frau unten, Maria Magdalena, mit einer Träne im Auge gemalt. Auch die Menschen links (es sind ein paar mehr als auf diesem Bild-Ausschnitt) sind handgreiflich und körperlich dargestellt.

Aber rechts erkenne ich jemanden, der nicht so körperlich ist wie die Zuschauenden, sondern eher geistig, körperlos. Das steht in einem gewissen Gegensatz zu den Frauen, aber es ist „Jemand“, ein Geist? Einer den man ansprechen kann, der aber ganz seltsam in der Begegnung mit den anderen Menschen zu sehen ist? Hat er einen Leib? Hat er einen Körper? Hat oder ist er selbst ein Geist? Aber ein Geist, den man nicht übersehen kann; der auch für Menschen wahrnehmbar ist, wenn auch anders, als wir gewöhnlich einen Menschen wahrnehmen.

Ich erinnere mich, dass der von mir überaus geschätzte Professor Hermann Volk in einer Vorlesung sagte: „Bitte verwechseln Sie auf keinen Fall „Körper“ und „Leib“. Er wollte damit sagen, und hat das auch weiter ausgeführt, dass Jesus nach seiner Auferstehung nicht ein körperliches Wesen war – materiell, mit Millionen Körperzellen usw. – , sondern leiblich: wahrnehmbar, kommunikativ, ansprechbar, hörbar usw.

Ich meine, dass das in etwa dem wunderbaren Osterbild von Theo Schäfer zu ahnen ist.

Ulrich Zurkuhlen