Weltuntergänge

Wenn sich in der Geschichte der Menschheit schreckliche Katastrophen ereigneten, kam bei vielen Menschen der Gedanke an den Weltuntergang und die Angst davor in den Sinn. Das war etwa bei vielen Kriegen so, aber auch bei Naturkatastrophen, in denen viele Menschen übrigens auch eine Strafe Gottes sahen und sie so deuteten; manchmal steckte dahinter auch das dunkle Gottesbild vom strafenden und rächenden Gott, und Bußprozessionen wurden oft als Mittel eingesetzt, um den schrecklichen Gott zu versöhnen.

Einen solchen Weltuntergangsschrecken erfuhren die Mensachen schon vor 70 000 Jahren, als der Vulkan Toba auf der Insel Sumatra soviel Lava ausspuckte, deren Menge zweimal den Mount Everest ergeben hätte, ein wirklich erschreckendes Bild. Die Aschewolke breitete sich über die ganze Welt aus, und bis auf einen Rest von 3000 Menschen wurde die Menschheit nahezu vernichtet.

Wenn wir jetzt mal von den zahlreich Pestepidemien  im Laufe der Jahrhundert absehen, die Europa an den Rand des Abgrunds brachten, war es in der Neuzeit besonders der Ausbruch des Vulkans Tambora in Indonesien im Jahr 1815; darüber gibt es viele erschreckende Berichte. Auch damals dachten viele an einen Weltuntergang. Die Folge des Vulkanausbruchs war eine mehrjährige Kälte, die heftiger war als alle 500 Jahre zuvor. In einem ausführlichen Bericht und einem erschreckend interessanten Buch ist zu lesen, dass in den Jahren danach fürchterliche Hungersnot die Menschen bis Europa heimsuchte, weil die Landwirtschaft völlig zum Erliegen gekommen war. Ein Beispiel: In München lag Anfang Juli 1816 eine Schneedecke von dreißig Zentimetern. Die Sonne war  ein ganzes Jahr lang nicht zu sehen. Das alles hatte zur Folge, dass Unmengen von Menschen auswanderten nach Amerika, wo die Lage nicht ganz so dramatisch war wie in Europa und vor allem in Asien. Viele Wissenschaftler nennen das Jahr 1816 das „Jahr ohne Sommer“. Allein aus Würtemberg wanderten 20 000 Menschen in andere Kontinente aus.

Ähnliches hatten die Menschen schon im Jahr 536  nach Christus erlebt, auch ein Vulkanausbruch mit schrecklichen Folgen, diesmal auf Island. Von Irland bis China fiel im Sommer dicker Schnee, und die Sonne hatte keine Strahlkraft mehr, sie glich dem Mond und wirkte wie verfinstert. Weil sich der Vulkanausbruch mehrmals wiederholte, war die Zeit bis 547 ein katastrophales mörderisches Jahrzehnt.

Eigentlich kann man sich gut vorstellen, dass die Menschen von Weltuntergangspanik erfasst waren. Man kann es vergleichen mit der Zerstörung des jüdischen Tempels in Jerusalem, als die Menschen dachten, die Zerstörung von Gottes ureigenstem Heiligtum sei ein Vorzeichen des Weltuntergangs. Gott wollte den Menschen ein Zeichen setzen. Das ist ja auch der Hintergrund der Weltuntergangsängste im Neuen Testament; die Berichte sind ja gerade jetzt am Ende des Kirchenjahres besonders aktuell.

November 2018, Ulrich Zurkuhlen