Lebenserwartung

Der Begriff „Lebenserwartung“ mag zunächst bedeuten, dass jeder Mensch für sein Leben etwas erwartet, ob er nun jung ist oder alt. Junge Menschen haben an ihr Leben die Erwartung, dass sie nicht allein, sondern mit einem guten Partner, einer guten Partnerin durchs Leben gehen werden. Dass dann zwischen Erwartung und Erfüllung, zwischen Erfüllung und Dauerhaftigkeit bisweilen tiefe Schnitte liegen, steht auf einem anderen Blatt.
Menschen haben an das Leben die Erwartung, dass sie es in ihrem Beruf zu etwas bringen; dass sie gut verdienen und vielleicht sogar reich werden. Und an der Spitze der Erwatungen und Hoffnungen steht der Wunsch nach Gesundheit und Frieden; das wird auch bald, wenn das Jahr wechselt, immer wieder gesagt, aber auch gewünscht werden.
Alte Menschen haben natürlich auch Erwartungen an das Leben: einen guten Lebensabend, keine Schmerzen, keine Einsamkeit usw.
Aber Lebenserwartung ist auch ein statistischer Wert. Denn in Deutschland hat die Lebenserwartung, also die Zeit, die ein Mensch durchschnittlich erlebt, einen Höchststand wie noch nie. Jeder zweite Mensch in Deutschland dürfte älter alsd 80 Jahre alt werden. Im Durchschnitt werden neugeborene Jungen 77, 4 Jahre alt, Mädchen 82, 5 Jahre. Das ist der höchste Lebenserwartungsstand seit 1871/1881, als zum ersten Mal die durchschnittliche Lebenserwatung berechnet wurde. Sie betrug damals nur 35 Jahre und sieben Monate für einen neugeborenen Jungen. Allerdings ist ein rechnerischer Irrtum auszuräumen: Die Lebenserwartung ist vor allem deshalb so hoch, weil die Kindersterblichkeit so niedrig ist. Auch in Indien werden viele Menschen uralt, aber weil so viele Kinder in den ersten fünf Lebensjahren sterben, ist die durchschnittliche Lebenserwartung eben niedrig, sie liegt in Indien auch heute noch bei etwa 35 Jahren. Wenn in Indien die Kindersterblichkeit gesenkt würde, würde damit die durchschnittliche Lebenserwartung auch steigen.
Heute kann in Deutschland ein 60jähriger Mann mit weiteren 21 Lebensjahren rechnen, 60jährige Frauen mit weiteren 24 Jahren und zehn Monaten. Wie schon gesagt: Jeder zweite Mann kann statistisch 80 Jahre alt werden, jede zweite Frau sogar 85 Jahre.
Letztlich aber ist die Frage nach dem statistisch größtmöglichen Alter nur die eine Seite, die andere und vielleicht wichtiger Frage ist, was einer aus seinem Leben macht. Ich kennen Leute, die neunzig Jahre sind oder schon weit drüber, die aber jeden Tag als ein Geschenk von Gott her ansehen und das Beste für sich und ihre Mitmenschen daraus machen, und seinen es auch nur kleine Zeichen des Miteinander. Man kann sagen, dass an der Art, wie hoch betagte Menschen ihr Leben leben, ein Beispiel für jüngere Leute gegeben wird und damit ein Modell gelungenen Lebens gezeigt wird.