Hilfe!

Das Bild habe ich kürzlich in einem, Kiosk in Süddeutschland gesehen und gekauft; es zeigt, wie man unschwer erkennen kann, eine „Help“- Taste auf der Tastatur eines Computers. An der Tiefenschärfe des Bildes erkennt man allerdings, dass es sich hier wohl um eine Foto-Montage handelt. Ich habe auch keinen solchen Hilferuf auf meinem Computer, weder im Pfarrhaus noch im Redaktionsbüro; auf keinem mir bekannten Gerät befindet sich diese Taste. Es gibt allerdings andere Hilferufe im Computer-System, und manchmal erfährt man dann tatsächlich, wie man in einer schwierigen Situation weiterkommt. Ich könnte eine Help-Taste jedenfalls gut gebrauchen; denn meine Computer- Kenntnisse sind sehr defizitär.

Als ich die Foto-Montage sah, dachte ich allerdings daran, wie viele Hilferufe mich in diesen vorweihnachtlichen Wochen erreichen. Das ist die Frau, die jedes Jahr um Weihnachten herum an der Tür bettelt. Oder die Leute vom Kleinzirkus, die die Zeit der weichen Herzen nutzen möchte für sich selbst und ihre Tiere.

Was mich allerdings ärgert, das ist die jedes Jahr zu machende Beobachtung, dass ich von September bis Dezember etwa 70 Bettelbriefe von Privatpersonen und vor allem von Institutionen bekomme. Meistens fangen die Briefe, auch schon im September, mit dem Satz „Jetzt ist bald Weihnachten“ an. Ärgerlich ist besonders, dass häufig schon mein Name und meine Anschrift auf dem beiliegenden Überweisungsformular eingedruckt sind; ich empfinde das als Nötigung und werfe solche unfairen Bettelbriefe gleich in den Papierkorb. Die meisten Bettelbriefe betteln für Kinder und für Tiere; ich kann allerdings meistens nicht nachprüfen, ob es sich um eine seriöse Sache handelt.

Auch die kirchlichen Hilfswerke reihen sich in die Schar derer ein, die Bettelbriefe verschicken. Ich gestehe, dass mir das auch nicht so recht gefallen will, weil doch viel Geld für oft sehr aufwendig gemachte Prospekte ausgegeben wird; ob das immer so richtig ist?

Ich gebe mein Weihnachtsopfer in der Regel für das Baby-Hospital in Bethlehem; das ist ein durch und durch weihnachtlicher Zweck. Ich weiß, dass diese segensreiche Einrichtung in Bethlehem dringend Geld braucht, weil sie ziemlich arm ist. Dort arbeiten Ärzte und Pfleger/innen aus verschiedenen Ländern und Religionen für arabische Kinder, die sonst keine gesundheitliche Betreuung erfahren. Es ist bekannt, dass die israelische Besatzungsmacht nicht sehr nett mit den Palästinensern in Bethlehem umgeht. Das hat dazu geführt, dass die einstmals überwiegend christliche Stadt der Geburt Jesu inzwischen eine muslimische Mehrheit hat, weil die Christen größtenteils ausgewandert sind. Ich habe vor sechzehn Jahren das Baby-Hospital besucht, wo ein muslimischer Chefarzt und eine deutsche christliche Ärztin miteinander arbeiteten, zum Wohl der vielen muslimischen Kinder und ihrer Familien; das Hospital betreut nicht nur stationär, sondern leistet in den Familien engagierte Sozialarbeit.

In der Geburtskirche zu Bethlehem ist ein Stern in den Boden eingelassen an der Stelle, wo nach der christlichen Überlieferung Jesus geboren wurde. Hat nicht auch Jesus die Hilfe guter Menschen gebraucht? War nicht auch er auf menschliche Fürsorge angewiesen? Später hat er immer wieder auf den Hilferuf der Menschen reagiert und sich in Wort und tat der Not der Menschen angenommen. Wo einer sein „Help!“ ausgerufen hat, war Jesus zur Stelle.

Gut, dass es auf dem Computer unseres Lebenslaufes diese „Help“- Taste gibt; wir wissen, dass Gott in der Person seines Sohnes seit dem ersten Weihnachtsfest in Bethlehem die Hilfe, um die wir rufen, nicht verweigert.

Weil Gott selbst ein hilfsbedürftiges Kind geworden ist, dürfen wir mit Gottes Hilfe rechen. Wir müssen nur die „Help“-Taste drücken.

Ulrich Zurkuhlen (Dezember 2006)