Das Bild der Synagoge.

Zum ersten Mal war ich im Jahr 1964 im Biblischen Freilichtmuseum unweit von Nijmegen in Holland. Damals haben wir einen Ausflug mit einer großen Zahl von Kindern meiner Diakonatsgemeinde St. Ludger in Coesfeld gemacht; ich habe neulich alte Fotos von dieser Reise gesehen und habe mich gefragt. Was wohl aus all diesen Kindern geworden ist?

Später war ich mit Firmlingen, mit der Dyckburger Frauengemeinschaft, mit Dyckburger Messdienern und mehrmals auch privat dort. Vor einigen Jahren wurde der Charakter des Museums verändert: es ist jetzt kein biblisches Museum mehr, sondern interkulturell und interreligiös ein „Museum Orientalis“; ob das ein Gewinn für das Museum ist, kann bezweifelt werden.

Zu den beeindruckenden Gebäuden des Museums gehörte die jüdische Synagoge; ob sie jetzt im neuen Stil des Museums noch besteht, weiß ich nicht. Aber man sieht der Synagoge an, wie sie gedacht ist. In der Mitte steht der  Ort, von dem aus die Bibel des Alten Testaments gelesen wird. Der Blick fällt sofort auf diese zentrale Stelle, ähnlich wie die Zentral-Altäre, die es seit dem Konzil in unseren Kirchen oft gibt. Einen ebenso zentralen Ort der Wortverkündigung suche ich in unseren Kirchen vergebens. Die zentrale Stellung des Ortes der Wortverkündigung im Biblischen Museum hat uns in derDyckburg-Gemeinde vor 15 Jahren inspiriert, auch in der kleinen Kirche den Ambo zentral aufzustellen, genau hinter dem Altar. Denn nach der Theologie des Konzils ist Jesus nicht nur in den Mahlgestalten der Eucharistie, sondern auch im Wort Gottes gegenwärtig. Es ist meine Hoffnung, dass bei einer Neugestaltung der Dyckburg-Kirche, die offenbar geplant ist, dieser wichtige theologische Ort nicht verändert wird: der Ort des Wortes Gottes im Zentrum der Feier.

Zurück zur Synagoge: rechts in der hinteren Wand ist der Aufbewahrungsort der „Tora“, also des Heiligen Buches der Juden. Das Buch wird zur Lesung feierlich zum Verkündigungsort getragen. Und wer dabei an den Tabernakel einer katholischen Kirche denkt, liegt gar nicht so falsch. Ringsherum sind die Plätze der Gemeinde; es ist wohl auch in dieser Synagoge so, dass die Frauen erhöht an einer besonderen Stelle saßen. Männer und Frauen sitzen nicht „durcheinander“. Das mag uns ein wenig befremden, aber denken wir daran, dass auch in den katholischen Kirchen bis vor gar nicht langer Zeit Frauen und Männer getrennt saßen.

Ich fahre hin und wieder gern an Sonntagen in eine andere Synagoge in Holland, und zwar zur Synagoge in Enschede, die als die größte und schönste Synagoge der Niederlande gilt. Es ist eine sehr schöne, sehr geistliche Atmosphäre in diesem Gotteshaus, und ein freundlicher älterer Herr aus der jüdischen Gemeinde begrüßt mich immer sehr nett und herzlich. Die Synagoge in Enschede mit ihrer großen Kuppel ist mittwochs und sonntags von etwa 11 bis 16 Uhr geöffnet, auch ein Shop mit jüdischen Sachen ist dort. Nähere Information und ein Lageplan sind auch im Internet zu finden.

Mit einer großen Gruppe von Familien bin ich vor einigen Jahren in der kleinen Synagoge in Aalten gewesen, auch in Winterswijk ist eine kleine Synagoge. Es ist erstaunlich, dass gerade im deutsch-niederländischen Grenzgebiet auf niederländischer Seite eine Reihe von Synagogen zu finden ist. Die jüdischen Gemeinden in Holland sind allerdings sehr klein. Während in Deutschland durch den Zuzug vieler jüdischer Menschen aus Osteuropa die Gemeinden sehr gewachsen sind, ist das in Holland anders; offenbar gibt es diesen Zuzug von jüdischen Osteuropäern nicht.

Umso schöner ist es, hier in Holland die lebendigen Spuren einer alten jüdischen Geschichte zu entdecken.