Mary Zwo.

Vor wenigen Wochen ist im Zoo in Münster ein kleines Gorilla-Mädchen geboren; mit großen wachen Augen blickt die kleine Claudia – so heißt das Gorilla-Baby – in die Welt, gut behütet von der Mutter. Der Münsteraner Zoo ist bedeutend in der Aufzucht von Gorillas, allerdings auch mit tragischen Seiten. Das letzte Baby wurde nur wenige Wochen alt, und eswar damals tragisch, dass die Mutter tagelang ihr totes Baby auf dem Arm trug, weil sie sich nicht davon trennen konnte.

Einige Zeit vorher war ein Gorilla-Baby geboren worden, das den Namen „Mary Zwo“ bekam; ich weiß nicht mehr, warum es so genant wurde. Aber ich kann mich gut erinnern, dass auch dieses kleine Gorilla-Kind lebensbedrohlich erkrankt war. Es war wohl sehr unterernährt und musste aufgepäppelt werden. Ich meine mich auch zu erinnern, dass das Kleine im zarten Alter von sechs Wochen von seiner Mutter verstoßen wurde; das war vor genau zwei Jahren, Mary Zwo wurde am 18. Mai 2007 geboren. Aber was tun? In einem sehr mutigen Entschluss der Zoodirektion und der Leitung der Universitäts-Kinderklinik wurde das kleine Affen-Mädchen einer Notbehandlung in der Klinik unterzogen. Anschließend kam es in die Gorilla-Aufzuchtstation des Zoologischen Gartens Wilhelma in Stuttgart. Dort fand sie ein neues Zuhause mit einigen anderen Gorilla-Kindern.

Es gab damals in der Lokal-Presse eine heftige Leserbrief-Kampagne, ob denn das wohl richtig sei, dass ein Affe auf der Kinderstation gepflegt würde, und einige der neunmal klugen Münsteraner fanden das schockierend. Andere schrieben in ihren Briefen, dass auch ein kleiner Affe ein Lebensrecht habe und dass es deshalb ein guter Entschluss sei, das Affenkind dort zu behandeln, wo auch die Menschenkinder behandelt werden. Ich habe es jedenfalls damals als sehr sympathisch empfunden, dass Mary Zwo leben durfte dank der guten Pflege in der Kinderstation der Uni-Klinik.

Denn die Frage, ob nicht vielleicht doch die Menschen und die Gorillas gemeinsame Vorfahren haben, darf doch gestellt werden, und natürlich ist die Frage zu bejahen. Evolutionsforscher gehen heute davon aus, dass es einen gemeinsamen Vorfahren gab, der sich weiterentwickelt hat zum Menschen, während ein anderer Zweig sich zurückentwickelt hat zum Affen. Die Bibel in ihrer Symbol-Sprache geht davon aus, der Mensch sei seiner körperlichen Gestalt nach aus einem Klumpen Erde geschaffen, also aus dem Werkstoff unserer Welt. Und wenn dieser Werkstoff nicht toter Lehm, sondern ein lebendiges Lebewesen gewesen ist: Was wäre dagegen zu sagen? Theologisch ist mir das durchaus vertretbar.

Die Firma Steiff hat die Geschichte von Mary Zwo aufgegriffen und ein niedliches Stofftier gemacht, das mit fröhlichen Augen in die Welt blickt, so wie das lebendige Vorbild. Und weil Mary Zwo noch klein ist, trägt es aufknöpfbare Pampers. Ich habe vor einigen Wochen bei einem Kurzurlaub in Norderney dieses kleine Plüschwesen gesehen und gekauft. Der Kollege Norbert Ortmanns hat es fotografiert.

Ist Mary Zwo nicht niedlich?

Übrigens geht vom Kaufpreis ein Teil an die Wilhelmina in Stuttgart für den Artenschutz der Berg-Gorillas in Marys Heimat Afrika.